Reisebericht von der Besteigung des Kilimanjaro vom 03.02.2015 bis 17.02.2015

Reisebericht von der Besteigung des Kilimanjaro vom 03.02.2015 bis 17.02.2015

Atemlos durch die Nacht auf den Uhuru Peak

“YOU ARE THE A-TEAM!”

 

Wie es dazu kam?

Irgendwann im Sommer (oder schon im Frühjahr) hat jemand eine Idee: Maria Rami. Sie besucht die Freizeitmesse Free in München, holt sich dort notwendige Informationen, zieht mich noch mit ins Boot („Du bist doch sicher dabei“) und fertig ist das Ziel für den zweiwöchigen Urlaub im Februar 2015: Die Besteigung des Kilimanjaro und anschließend noch ein wenig Sightseeing-Safari in der Serengeti und im Ngogongoro-Krater.

Das Datum unserer Reise ist so gewählt, dass Maria beim Aufstieg ihren 60. Geburtstag feiern kann. Frühe Pläne gehen von einer Feier am Gipfel aus. Aber für ein gesungenes Happy Birthday auf knapp 6000 Meter Seehöhe hätte sicher die Luft gefehlt.

So nach und nach kristallisiert sich das Team heraus: Maria Rami, Anton Lautner, Eva-Maria Spett, Martina Rami, Daniel Müller und Martina Walter. Später kommen noch Dietmar Schläfer, Josef Lang („jetzt oder nie mehr“), Gerhard Rami („teuer ist des schon, aber ich will es versuchen“), Raimund Lautner (kauft sich gleich ein paar Wanderstiefel und läuft die ein) und Herbert Margraf.

In den Monaten und Wochen zuvor trainiert sich jeder nach seinen Plan in Form. Die einen laufen wie verrückt Marathon und mehr, die anderen versuchen sich erst im Wandern und andere joggen bis die Füße maulen. Die einzigen, die sich die Belastung in der Höhe ausmalen können, sind Martina und ich. Wir gingen während der Annapurna-Umrundung über den Thorong La, ein Pass mit über 5400 Meter Höhe. Stefan Wenger, ein Vereinskollege, und Udo Pitsch, ein mir bekannter Marathonläufer, können mehr erzählen, denn beide bestiegen vor einigen Jahren erfolgreich den Kilimanjaro und erreichten den Uhuru Peak, der höchsten Stelle Afrikas.

Was wichtig ist, kann sich jeder aus dem Internet oder von Dritten holen. Richtige Ausrüstung ist essentiell, also Schlafsack, einer noch für innen und vielleicht noch ein Hüttenschlafsack, Liegematraze, ein passender Rucksack für den Tag, ein Gepäcksack (wasserdicht), und natürlich viele Klamotten von warm bis arschkalt. Seinen Gesundheitszustand sollte man auch überprüfen (lassen) und die Reiseapotheke vervollständigen. Genug Geld (am besten kleine Dollarnoten) und Kreditkarten braucht man auch. Ein Sonnenschutz für Augen und Haut ist unabdingbar und man sollte auch gegen Widrigkeiten auf der Reise versichert sein.

03.02.2015: Der Tag des Aufbruchs

In privaten Fahrgemeinschaften treffen wir uns auf der Schlösselwiese in Neuburg. Martina Walter hatte im Vorfeld einen Bus organisiert, der uns um 03.45 Uhr abholt und nach München zum Flughafen bringt.

Der Wunsch von Margit, Sepps Frau: „Bringt mir meinen Chaoten wieder heil wieder zurück.“ Und auch Daniels Oma wünscht sich ihren Enkel gesund zurück. Der wird dann vielleicht sagen müssen: „Ich bin zwar gesund zurück, dafür aber pleite!“ Es ist in Neuburg kalt und später fahren wir im Erdinger Moos durch den Winternebel.

Pünktlich um 07.00 Uhr hebt die Maschine der niederländischen KLM (Koninklijke Luchtvaart Maatschappij) in München ab mit Destination Amsterdam Schiphol. Dort gibt es ein zweites Frühstück. In einem Glückskeks, der zum Cappuccino gereicht wird, finde ich einen Spruch: Auch ein Glatzkopf kann mal eine Glückssträhne haben!“ Gerhard feixt und verkündet mein Glück. Am Airport werden wir nochmals kontrolliert, bevor wir in die Boeing 747 einsteigen, die uns nach Nairobi (NBO) bringt. Sepp verliert als erstes seinen Kopfhörer, eine Stewardess muss rumfragen, bis das Equipment seinen Besitzer wieder findet. Die Verpflegung der Niederländer ist auf der Langstrecke Klasse. Zum Essen wird Bier und Wein serviert, für die Verdauung gibt es einen Cognac.

Es ist schon lange dunkel, als wir mit einer Turboprop der tansanischen Precision Air Nairobi auf dem Luftweg verlassen und nach einer knappen Stunde auf dem Kilimanjaro International Airport in Tansania landen. Die Einreiseformalitäten ziehen sich bis Mitternacht hin, bis jeder sein Visum und seine Koffer hat. Doch bei Raimund hängt es, denn sein Gepäckstück ist irgendwo liegengeblieben. Nairobi oder Amsterdam? Fast eine halbe Stunde dauert es noch, bis die Formalitäten am Lost and Found Schalter erledigt sind.

Der Kilimanjaro Airport liegt zwischen Moshi und Arusha. 17000 Landungen und 500000 Passagiere werden hier jährlich abgefertigt. Der Flugplatz ist Ausgangspunkt für Safaris in die Serengeti, zum Ngogongoro-Krater und zum Viktoriasee sowie für die Touren zum Kilimanjaro und Mount Meru.

Tansania, ein fremdes Land, 950000 Quadratkilometer groß, über 40 Millionen Einwohner, wir sind endlich angekommen. 1961 wurde das Land vom Vereinigten Königreich unabhängig, Tanganjika und der Insel Sansibar schlossen sich zusammen. Und seitdem ist es auch Mitglied des Commonwealth. Erster Staatspräsident wurde Julius Kambarage Nyerere, nach dem auch der Airport in Daressalam benannt ist. Über 120 Sprachen werden gesprochen, mit Englisch kommt man gut zurecht. Amtssprache in Tansania ist allerdings Swahili (Suaheli), eine Unterart der Bantusprachen.

Das Land weist ein starkes Bevölkerungswachstum auf, so entbindet eine Frau heutzutage rund fünf Kinder. AIDS und eine hohe Sterblichkeitsrate aufgrund der Armut sorgen dafür, dass viele Kinder (44 Prozent der Menschen sind unter 15 Jahre) und viele Alte vorhanden sind. Es fehlt ein großer Teil der Mittelalten.

Über eine Stunde dauert die Schüttelei über schlechte Straßen für die 40 Kilometer. Den Bus hätte der deutsche TÜV längst aus dem Verkehr gezogen. Es ist gut, dass man das Gefährt wegen der Dunkelheit nicht so gut besichtigen kann. Die letzten zwei Kilometer gehen auf einer Wellblechpiste zum Springland Hotel in Moshi. Um 01.30 Uhr fallen wir todmüde ins Bett.

04.02.2015: Eingewöhnen in ein fremdes Land

Um 08.00 Uhr gibt es bereits Breakfast. So nach und nach kommen wir in Schwung. Zum Futtern gibt es am Büfett Toastbrot, Butter, Marmelade, Pfannkuchen, kleine Würste, Kartoffeln. Eier werden nach Wunsch frisch zubereitet und serviert. An den rosafarbenen Keksen will sich keiner versuchen, außer ich und so schlecht schmecken die gar nicht. Im Kaffee eingetaucht rutschen die gut die Gurgel hinunter.

Das erste Erlebnis mit unbekannten Tieren hatten die Mädels. Am Mückennetz von Evis Bett war eine Riesenkakerlake in der Nacht vom Boden hochgekrabbelt. Martina R. hatte noch Evi vor dem ersten Blick gewarnt („Nicht schauen!“). Raimund will am Abend einen Drink ausgeben, sofern sein Gepäckstück noch den richtigen Weg ins Hotel findet.

Am Vormittag geht es mit Guide Dube nach Moshi zur Stadtbesichtigung. Dube spricht sehr gut Englisch und geht gut auf unsere Wünsche ein. Es ist ratsam, eine Tour nicht auf eigene Faust zu unternehmen. Man könnte sich verlaufen oder bei Käufen bevorteilt werden. Mit einem Kleinbus fahren wir in die Stadt hinein.

Moshi ist Universitätsstadt und zählt rund 150000 Einwohner. Dube erzählt etwas von 300000 Personen in der weiteren Umgebung. Der Anbau von Kaffee, Yams (Wurzelgemüse, geschmacklich zwischen Kartoffeln und Esskastanien) und Bananen erfolgt hauptsächlich zum Eigenverbrauch. Eine Vermarktung dieser und anderer Waren würde hauptsächlich an der schlechten Infrastruktur scheitern. So gibt es nur wenig asphaltierte Straßen in Tansania und die Bahnlinie hat hier den letzten Zug vor 15 Jahren gesehen.

Das Klima ist hier stabil, das auch durch den Kilimanjaro geprägt wird. Es ist zwischen Dezember und März relativ heiß, die Regenzeit dauert von März bis Mai, anschließend ist es sehr trocken und vermeintlich kühl mit Tageshöchsttemperaturen um rund 20, 25 Grad.

Dube führt uns durch den alten und neuen Markt. Man findet hier alles: Von Brennstoffen, alter und neuartiger Kleidung bis hin zu offenen Gewürzen, die aus Säcken verkauft werden, Obst, Gemüse, Fleisch, wo Mücken drauf sitzen und lebenden Tieren. Und an jeder Ecke Garküchen, die mit offenen Feuer betrieben werden. Immer wieder muss Dube mahnen, dass wir als Gruppe zusammenbleiben.

Tansania ist eines der ärmsten Länder der Welt. Man versucht demzufolge, den eigenen Bedarf so gut wie möglich selbst herzustellen. 82 Prozent der Erwerbstätigen sind daher im landwirtschaftlichen Bereich beschäftigt.

Fotografieren ist ein anderer Punkt. Die Leute wollen gefragt werden. Beim heimlichen Fotografieren sollte man sich nicht erwischen lassen. Gerhard hat so eine Situation. Eine Frau hat das mitgekriegt und wollte dafür einen Dollar. Als Nachdruck hatte sie sich schon eine Kartoffel als Wurfgeschoss in die Hand genommen.

An einem Geschäftsgebäude steigen wir neun Stockwerke hoch und haben da einen tollen Ausblick auf Moshi. Der Kili verbirgt sich jedoch im Dunst. Zwei, drei Mal sehen wir bei unserer weiteren Tour einen Laster, der für Coca Cola lautstark wirbt. Und dann sehe ich einen Plakatständer, der für den Kilimanjaro Marathon wirbt.

Vor dem Rückweg kehren wir auf ein Getränk in eine Bar ein und sind erstaunt: Es wird für uns Kilimanjaro und Safari Bier ausgeschenkt, der Gerstensaft schmeckt gar nicht mal so schlecht. Dube haut sich gleich zwei Halbe in den 30 Minuten hinter die Binde. Hat der Durst! Nach der Einkehr besichtigen wir den Bahnhof von Moshi. Herbert strahlt als Eisenbahner, alles ist geregelt, denn seit zehn Jahren kommt kein Zug mehr daher.

Für die Rückfahrt wird wieder ein Bus bestellt. Es heißt mehrmals „ten minutes“, bis er kommen soll. Letztendlich warten wir eine dreiviertel Stunde. Zu Fuß hätten wir auch nicht länger gebraucht. So lernen wir schnell, dass die afrikanischen zehn Minuten ein unbestimmter Begriff sind und dass diese schon eine Stunde dauern können.

Zurück im Hotel ist der Koffer von Raimund aufgetaucht, er ist in Nairobi liegengeblieben. Noch vor dem Abendessen ist das Briefing für die Tour angesagt. Unser Guide für die Besteigung heißt Jefferey Kimolo, er ist 40 Jahre alt. Den Job als Guide macht er seit fünf Jahren und er war schon 120 Mal auf dem Kili. Wenn der es nicht kann, uns hochzubringen, wer sonst. Er erklärt uns den Ablauf der Tour in den nächsten Tagen.

Er rät, kein Geld und keinen Pass mitzunehmen. Wir buchen private WCs dazu (kosten 30 Dollar pro Person), damit braucht man nicht in die öffentlichen Boxen mit Loch im Boden zu gehen. Auch was wir in den persönlichen Rucksack (Regenjacke, evtl. warme Kleidung, Essen und Getränke) geben sollen, wird uns gesagt. Drei Liter sollen wir täglich trinken, ein Haufen Zeugs. Zwei Getränkeflaschen sollte man mitbringen. Und wenn eine davon eine Thermosflasche ist, kannst du am Berg etwas Warmes trinken. Und das allerwichtigste bei der Tour: pole, pole, also langsam, langsam, so will uns Jeffery nach oben bringen. Ja, langsam gehen ist eine Kunst und du musst das auch können. Der Fehler bei einer Besteigung und folglich auch eine Ursache für die Höhenkrankheit sind „zu schnell zu hoch zu steigen“.

05.02.2015: Tourbeginn

Schon um 07.00 Uhr sind die meisten beim Frühstücken und beherzigen das, was Jeffery uns ans Herz legt oder, besser gesagt, für den Magen geraten hat. Wir sollen essen und trinken, was man schafft.

Die am Vortag vereinbarte Zeit um 08.00 Uhr für die Abfahrt wird afrikatypisch nicht eingehalten. „In ten minutes“ heißt es mehrmals auf Nachfrage. Der Kleinbus kommt mit einer Viertelstunde Over Time. Die bereitstehende Waage für den eigenen Rucksack wird eifrig genutzt. Sepps Sack hat gut neun Kilo, meiner ist der schwerste mit elf Kilo (ich hab zu viel Riegel, Schokolade und andere Sachen verstaut). Wie es Maria geschafft hat, zu packen, keine Ahnung. Ihr Rucksack wiegt nicht mal sieben Kilo.

Nach dem Verstauen des Gepäcks stellen wir uns für ein Foto zusammen. Jetzt hat jeder noch sein „Kampfgewicht“. Wie werden wir in sieben Tagen ausschauen? Hungrig, durstig, ausgemergelt oder gar krank? Hoffentlich nicht! Um 08.30 Uhr verlassen wir das Springland Hotel.

Wir sind noch nicht lange unterwegs, da wird an einem Geschäft gehalten. Wer noch etwas zu trinken braucht, kann hier ordern. Einige von uns kaufen sich noch Hüte mit einer breiten Krempe. Und das richtig günstig, denn sechs Dollar müssen wir löhnen. Aber zu viel handeln sollte man nicht, denn dann kaufst du noch Sachen, die du garantiert auf der Tour nicht brauchst. Gerhard kauft und zahlt für alle, und hat dann ein kleines Problem, weil der Händler im ersten Moment nicht das richtige Wechselgeld zurückgibt. Aber nach einer kleinen Verhandlung ist das auch gelöst. Weiter.

Zuerst sehen wir den Kili nur schemenhaft, aber je näher wir dem Massiv kommen, desto klarer wird die Sicht. Der Kili, früher nannte man ihn Kaiser-Wilhelm-Spitze oder Wilhelmskuppe, wurde 1987 von der UNESCO zum Weltnaturerbe erklärt. Rund 350 Kilometer südlich vom Äquator befindet sich das 80 auf 60 Kilometer umfassende Bergmassiv im Nordosten van Tansania. Rund 500 Kilometer sind Daressalam und der Viktoriasee entfernt, Nairobi liegt rund 200 Kilometer nordwestlich.

Das Massiv ist vulkanischen Ursprungs, das etwa zwei bis drei Millionen Jahre alt ist. Die größte Eruption fand vor rund 360000 Jahren statt. Zuletzt soll der Kili um 1700 ausgebrochen sein. Erloschen ist der Vulkan nicht, seine Aktivität verharrt auf einem niedrigen Niveau. Trotzdem berichten immer wieder von Bergsteigern am Uhuru Peak von starkem Schwefelgeruch, der aus dem Reusch-Krater nach oben steigt.

Nach einer guten Stunde Fahrzeit erreichen wir das Machame Gate des Nationalparks auf rund 1800 Meter Höhe. Anfangs fahren wir an Bananen- und Kaffeeplantagen vorbei. Den Kili mit seiner lückenhaften weißen Haube können wir immer wieder durch die Bäume sehen. Die letzten Kilometer werden für den Bus sehr steil. Kurz nach 10.10 Uhr „orgelt“ der Fahrer sein Gefährt durch das Tor, Endstation.

Was in der folgenden Stunde genau passiert, kann man nur erahnen. Unser ganzes Gepäck, die Zelte, Toiletten und die weitere Ausrüstung werden gleichmäßig verteilt, denn jeder Träger (Porter) darf nur ein Gewicht von 15 Kilogramm tragen. Dazu kommt noch die eigene Ausrüstung von fünf bis zehn Kilo, dann kann man sich gut vorstellen, wie hart deren Arbeit ist. Und erst wird, wenn es auf die Höhe geht. Wir können noch pausieren und müssen uns dann später in eine Kladde mit Namen und weiteren persönlichen Daten eintragen. Ordnung muss sein, denn das Ganze geschieht unter Obhut der Ranger.

Nachdenken braucht man nicht, wenn man die rund 30 Leute für uns buckeln sieht. Als Guides, Träger, Koch, Bediener beim Essen und was noch alles verdienen sie mit uns ihr Brot. Dass da auch noch rund 30 Familien dahinterstehen und vom Verdienst versorgt werden wollen, ist auch ein Aspekt, der uns zufrieden macht und auch im Kleinen helfen lässt. Denn von den Gebühren für den Aufenthalt im Nationalpark, die wir über die deutsche Agentur abdrücken müssen, wird beim „gemeinen Volk“ nur wenig bis nichts ankommen. In Nepal vor drei Jahren war die Situation ähnlich. Da kümmerten sich vier Nepali um vier trekkende Deutsche.

Um 11.30 Uhr machen wir uns auf den Weg. Die Sonne scheint, es ist jetzt immer noch gut warm mit rund 25 Grad. Eine Tafel kurz nach dem Tor zeigt den Uhuru Peak in 40 Kilometer Entfernung an, als Zeit sind 32 Stunden vorgesehen. Und ein paar Meter heißt es: “Machame Route, Starting Point. Wishing You A Good Climb.“

Anfangs sehen wir auf dem breit befestigten Wanderweg immer wieder Frauen, die Brennholz suchen und nach Hause tragen. Das ist der Job der Frauen, so unser Guide. Nach einer Stunde gibt es schon die erste Pause im Stehen. Die in der Früh ausgegebene Lunchbox enthält Banane, Zitrone, Erdnüsse, Gebäck und andere Sachen und wird leer gefressen.

Der Regenwald lässt nur wenig Sonnenlicht auf den Boden, dennoch wuchern mannshohe Gräser, Farne und Kräuter. Die uns überholenden Träger sind schwer beladen und sind doch deutlich schneller unterwegs. Und das mit teilweise abenteuerlichem Schuhwerk.

Später wird der Trail steiler, wir steigen über Stufen und Wurzeln. Die Bäume werden niedriger und kurz vor dem Machame Camp (2980 Meter) lassen wir den Regenwald hinter uns. Die Temperatur ist zurückgegangen, etwa 15 Grad. Wir befinden uns nun auf Zugspitzniveau.

Im Rangerbüro müssen wir uns wieder ins Hüttenbuch eintragen. Die vorgesehenen fünf Stunden für die elf Kilometer lange Tour haben wir genau benötigt. Danach können wir unsere Zelte beziehen. Es ist auch noch Zeit für den persönlichen Waschgang, denn jeder erhält eine Plastikschüssel mit zwei, drei Liter warmen Wasser. Das muss genügen. Zeit für Abendessen. Gegen 18.30 Uhr geht die Sonne unter, wir haben einen klaren Blick auf den Kili. Es kühlt dann deutlich ab, jeder verschwindet im Zelt und Schlafsack. Zuvor erhalten wir noch ein Briefing von Jeffery für den nächsten Tag mit Tipps und was er mit uns vorhat. Gute Nacht.

Thema Trinkwasser: Ob man Wasserdesinfektionstabletten benutzt, muss jeder für sich entscheiden. Unser Koch weiß, was er zu tun hat und wann er Wasser abkochen muss. Es schadet aber nicht, Tabletten mitzunehmen, dann gibt wenigstens der Kopf Ruhe. Übrigens wenn man regelmäßig über den Tag trinkt und auch der Körper annähernd gut hydriert ist, dürfte es weniger Probleme mit der Höhe geben.

06.02.2015: Zweite Etappe zum Shira Camp

Beim Aufstehen hat es außen am Zelt 8 Grad, innen 12 Grad. Vom Wald hören wir Vogelgezwitscher, wie im Frühling bei uns zuhause. Das Frühstück, kurz nach 07.00 Uhr, lässt es an nichts mangeln: Kaffee, Tee, Kakao, Omelett, Wurst, Pancake und frisches Obst. Und es gibt Porridge nach englischer Art. Der Haferbrei kann man nur mögen oder ablehnen, dazwischen gibt es nichts. Nach ein paar Löffeln des warmen Mahles wird er mein Favorit am Morgen. Anders als bei Maria, die nach zwei Löffeln ein „bäh“ loslässt und die Schüssel auf die Seite schiebt. Wer Abwechslung vom schwarzen Tee braucht, sollte sich von zuhause Teebeutel in verschiedenen Geschmacksrichtungen mitnehmen.

Kurz nach 08.00 Uhr machen wir uns auf den weiteren Anstieg. Knapp 1000 Höhenmeter sind heute bis zum Shira Camp vorgesehen. Beim Verlassen des Camps sind unsere Träger schon beim Abbau der Zelte. Sie werden uns im Tagesverlauf wieder überholen und wenn wir am Tagesziel angekommen sind, werden die Zelte bereits bezugsfertig sein. Fünf Stunden werden wir unterwegs sein, davon sind die ersten drei Stunden sehr steil.

Nach ein paar Minuten sehe ich im Gras hellen Tau, der sich bei einer genauen Inaugenscheinnahme als Reif herausstellt. Aber die Sonne wärmt bereits deutlich. Wir sind nun in der Übergangszone vom Regenwald in die Moor- und Heidezone, die durch niedrigere Bäume und Büsche geprägt wird. Auffällig viele Flechten überziehen die Bäume. In Richtung Westen können wir immer wieder einen Blick auf den 4562 Meter hohen Mount Meru erhaschen. Viele Touristen nehmen den dritthöchsten Berg in Tansania als Vorbereitungstrip für den Kili ins Programm. Vier Tage Aufstieg und einen für den Abstieg sollte man einplanen, so unser Guide.

Später wird unser Weg felsiger, wir müssen uns auf jeden Schritt konzentrieren. Der Bewuchs ändert sich wieder: Koniferen, Riesenlobelien und verschiedene Orchideenarten sind nun zu sehen. Die Sicht hinaus in Richtung Tiefland sowie auf den Kili und den Mount Meru wird größer und atemberaubender.

Bewölkung zieht auf, teilweise wird es etwas nebelig. Ohne direkte Sonneneinstrahlung wird deutlich kühler, die Jacken und Langarmshirts werden angezogen.

Gegen 12.30 Uhr erreichen wir das Shira Plateau auf 3840 Meter Seehöhe. Wir sind nun so hoch wie der Großglockner. Man merkt schon langsam die Höhe, schnelle Schritte erfordern mehr Sauerstoff. Nach dem Mittagessen mit Kartoffeln, Hühnchen und Salat können wir uns für ein kleines Nickerchen in die Zelte zurückziehen. Trotz der diffusen Strahlung wird es im Zelt bacherlwarm, wenn man den Eingang verschließt.

Am Nachmittag erkunden wir das nähere Gelände um das Camp und gehen noch rund 100 Höhenmeter zu einer Höhle hinauf. Früher hat man da drinnen gecampt, bis es von den Behörden verboten wurde. Solche kleine Spaziergänge werden wir in den folgenden Tagen weiterhin machen, um den Höhenanpassungsprozess in Gang zu halten nach dem Motto „climb high, sleep slow“. Wichtig ist es bei diesen Touren, dem Körper genug Zeit zu geben, sich auf die Höhe einzustellen. Denn wenn die Höhenkrankheit sich bemerkbar macht, muss abgestiegen werden. Der weitere Aufstieg ist erst nach ein oder zwei weiteren Tagen möglich. Wer das nicht befolgt, begibt sich in Lebensgefahr.

Aufgrund der Höhe und des abnehmenden Sauerstoff-Partialdrucks (im Gipfelbereich ist dieser nur halb so groß) kommen nur etwa 50 Prozent der Wanderer ganz nach oben. Man muss sich nur den Temperaturgegensatz zwischen 30 Grad und mehr in den Ebenen und bis zu minus 20 Grad am Gipfel vergegenwärtigen. Die plötzlichen Wetterumschwünge mit dem Wind (Windchill-Effekt!) können noch entscheidend Erfolg oder Abbruch beeinflussen.

Am Abend verschwindet die Bewölkung schnell und wir genießen dick angezogen nach dem üppigen Abendessen (Karottensuppe, Reis mit Gemüse und Bohnen) den Sonnenuntergang. Schon vor 20.00 Uhr ziehen wir uns in Zelt und Schlafsack zurück. Heute Nacht wird es frostig werden.

07.02.2015: „Happy Birthday“ und ein Höhentest am Lava Tower

Mit Marias 60. Geburtstag und der Etappe bis zum 4630 Meter hohen Lava Tower wird es heute ein besonderer Tag, der um 06.00 Uhr mit dem Wecken beginnt. Es ist saukalt, der Boden gefroren. Zum Frühstück bekommt Maria von ihrer Verwandtschaft einen kleinen Kuchen mit einer Kerze drauf serviert. Das „Happy Birthday“-Lied geht ganz gut von den Lippen, auch wenn einige von uns mit Mütze und Handschuhen an der Frühstückstafel sitzen.

Vor dem Abmarsch um 07.45 Uhr wird sich für ein Teambild aufgestellt. Die wärmende Sonne tut schon gut. Trotzdem marschieren wir dick eingepackt los. Rund fünf Stunden werden wir für den Aufstieg zum Lava Tower und weitere zwei bis zum Barranco Camp brauchen. Als Saldo werden wir am Ziel nur unwesentlich höher (3860 Meter) schlafen. Eine gute Wanderung für die Höhenanpassung! Und immer schön „pole, pole“.

Während wir in den letzten zwei Tagen in Richtung Norden gewandert sind, ändert sich unser Kurs nach Osten. Wir werden in den zwei Tagen auf der Südseite des Kili wandern. Der Bodenbewuchs wird zunehmend karger. Die Gräser sind kaum mehr kniehoch, nur mehr wenige Blumen sind zu sehen.

Nach einer Stunde endet die Vegetation, wir laufen durch Sand und Geröll. Teilweise sind mannshohe Felsen zu umgehen. Einzelne Gewächse wachsen nur an geschützten Stellen an Felsblöcken. Bei meinem Ausscheren aus der Gruppe, um Bilder zu schießen, stellt sich Sauerstoffnot ein. Ich muss schnaufen wie ein Pferd.

Wir kommen immer höher, der Kili mit seinen Gletschern scheint schon greifbar nahe zu sein, doch dann kommen Wolken von der Steppe herauf und nehmen uns die Sicht. Zuletzt wird der Weg immer steiler und wir können den Lava Tower bereits sehen. In einer Rinne unterhalb der Passhöhe sehen wir Eis.

Genau um 12.00 Uhr stehen wir auf der Passhöhe. Unsere Träger haben das Essenszelt aufgestellt. Es soll hier, so hieß es am Vorabend, einen „Hot Lunch“ mit Suppe und gegrillten Hühnchen geben. Markanter Punkt ist hier der eigentliche Lavaturm, der nochmal 200 Meter höher ist und der bei trockener Witterung auch bestiegen werden kann. Wir haben das nicht vor und können noch von Dusel sprechen, denn es fängt draußen zu hageln und zu graupeln an. Der garstige Niederschlag endet zeitgleich mit unserer Mittagspause.

Auf der anderen Seite des Passes geht es steil hinunter. Teilweise muss man sogar die Hände griffbereit halten. Sehr sicher steigen unsere Träger da hinunter, beachtenswert, mit schweren Gepäck auf dem Kopf balanzierend. Je tiefer wir kommen, desto üppiger wird die Vegetation. Es scheint hier so, dass die Pflanzen höher gedeihen als auf der anderen Seite des Lava Towers.

Warum die Senezien hier so hoch werden können und überleben, ist mir schleierhaft. Die Blätter auf der Oberseite haben eine mehlige Haut und der kann der auftretende Frost nicht schaden, so unser Guide. Außerdem leiten die Blätter das Regenwasser nach innen in die Wurzelbereiche, so dass die Pflanzen auch Trockenzeiten überstehen können. Die Dinger können über 100 Jahre alt werden.

Unser Guide Jeffery ist ein Energiebolzen, denn er hat vor zwei Jahren in Nairobi seine Marathonbestzeit auf 2.34 Stunden geschraubt. Den Halben mit vielen Höhenmetern hat er in Moshi in 1.17 Stunden absolviert, wo die Streckenführung in Richtung Mweka Gate verlief, einem Ausgangspunkt für die Tour auf den Kili.

Gegen 15.00 Uhr erreichen wir Barranco Camp im Nebel, das in einem Hochtal liegt. Kurz vor dem Sonnenuntergang klart es wieder auf, wir haben einen guten Ausblick auf die Südflanke des Kili.

Nach dem Abendessen marschiert die komplette Helfergruppe mit Kerzen vor dem Essenszelt auf. Zu Ehren unseres Geburtstagskindes bringen die ein Ständchen dar, singen und tanzen. Als Geschenk wird eine halbe Melone überreicht. In der Schale ist ein „Happy Birthday Maria“ eingeschnitzt. Und dann darf das Geburtstagskind den in der Schale angemachten frischen Obstsalat an alle verfüttern. Zum Schluss wird Maria noch in die Luft geworfen.

In der Nacht treibt der viele gesoffene Tee aus dem warmen Schlafsack nicht nur mich in die kalte Nacht. Mit Herbert und Gerhard schauen wir uns für ein paar Momente den klaren und gigantischen Sternenhimmel und den Ausblick in die weite Ferne an. Wir meinen, Moshi anhand der Lichter zu sehen.

08.02.2015: Eine Kurzetappe, gut für die Höhenanpassung

Dieser Tag dient hauptsächlich der Akklimatisation, wir werden rund vier Stunden unterwegs sein. Anfangs muss der Breakfast Wall bezwungen werden, anschließend geht es drei Mal mit je 200 Höhenmeter hinauf und hinunter. Das Tagesziel oberhalb des Karanga Rivers liegt auf 4250 Meter, wir werden uns heute immer auf einer Höhe zwischen 4000 und 4400 Meter bewegen.

Beim Frühstück hören wir aus dem WC-Zelt einen lauten Schrei. Wir schauen uns an. Gerhard klärt als erster die Situation: „Maria!“ Was ist geschehen? Ihr ist auf dem Örtchen eine Maus (oder ein Ratz?) vor die Füße gelaufen. Das Gelächter ist danach groß, wahrscheinlich hat sich das Tier noch mehr erschreckt als Maria.

Um 08.15 Uhr verlassen wir das Camp und stehen nach zehn Minuten Wandern vor der Barranco Wand (auch Breakfast Wall genannt). 400 Höhenmeter stehen vor uns, gut zwei Stunden Plagerei, so hat uns Jeffery am Vorabend informiert. Die Stecken werden im Rucksack verstaut und so geht es langsam und stetig nach oben. An zwei, drei kniffligen Stellen müssen wir die Hände zur Unterstützung einsetzen, auch stehen Jeffery und seine beiden Assistant Guides bereit, im Falle einzugreifen. Teilweise ist Geduld nötig, da gleichzeitig auch unsere Porter von unten auflaufen und die sind trotz Gepäck deutlich schneller als wir.

Nach knapp 1,5 Stunden haben wir ein kleineres Plateau erreicht, die Schinderei hat ein Ende. Die Pause nutzen einige zum Wechseln der verschwitzten Bekleidung. Jeffery ist stolz auf uns, sind wir doch fast 45 Minuten schneller durchgestiegen als sein Plan und obwohl wir mehrmals Platz machen mussten für die Träger, die uns überholt haben. Ein vorwitziger rabenartiger Vogel will sich bei der Pause seinen Futteranteil sichern und bettelt. Doch aus der Hand frisst er nicht, aber man darf bis auf einen halben Meter nahe kommen.

Bei den folgenden mehrmaligen Auf und Ab macht zuerst Sepp mit seiner Kamera einen Stunt ohne Folgen. Später stolpert Gerhard über einen Stein, ihn haut es hin und als Folge stellt sich noch ein Muskelkrampf ein. Doch nach einigen Minuten Behandlung kann er weitergehen.

Wir können bereits das für heute vorgesehen Karanga Camp erahnen, müssen aber vorher noch steil hinunter in das Karanga Valley, wo an einem Bächlein fette Farne, Gräser und Sträucher wachsen. Oberhalb sehen wir einige Träger, wie sie Wasser schöpfen. Nach 200 Höhenmetern erreichen wir Karanga Camp genau um 12.00 Uhr. Der Platz hängt recht schief, hoffentlich rutschen wir im Schlaf nicht aus den Zelten. Viele Zelte sind hier nicht zu sehen, da die meisten Gruppen gleich zum nächsten Camp weitermarschieren.

Noch vor dem Lunch zieht es wieder zu, der übliche Nebel. Am späteren Nachmittag marschieren wir wieder ein Stück nach oben, um die Akklimatisation zu unterstützen. Der Nebel wird an unserer Umkehrstelle dichter und dann fängt es für ein paar Minuten zu schneien an. Doch der Spuk verschwindet, denn nach zehn Minuten können wir den Kili wieder sehen. Sepp schmeißt beim Rückwärtsgehen ein Steinmännchen um und baut dann gleich einen Ersatz. Größer als das zerstörte war.

Um 18.00 Uhr sind wir am Lagerplatz zurück. Nach dem Essen verziehen wir uns wieder in die Schlafsäcke. Irgendwann in der Nacht bekommt Herbert bei einer Wasserentsorgungsprozedur von Gerhard den Auftrag, die Schnarcherei von Evi zu beenden. Tatsächlich ist der Säger unter den Trägern, deren Zelte 50 Meter entfernt sind.

09.02.2015: Immer weiter dem Gipfel entgegen

Der letzte Tag vor der finalen Etappe auf den Uhuru Peak. Soweit möglich, will Jeffery mit uns nicht im 4600 Meter hoch gelegenen Barafu Camp, sondern im Kosovo Camp auf 4900 Meter übernachten. Dann wäre der letzte Anstieg nicht so lange. Nachteilig können aber das fehlende Wasser und die höhere Schlafhöhe sein. Aber er spricht von uns seit einigen Tagen als „A-Team“ und traut es uns auch zu.

Nach der kalten Nacht, die Zelthaut ist innen wieder einmal angereift, erhalten wir warmes Frühstück und brechen um 08.00 Uhr auf. In fünf Stunden sollen wir Barafu Camp erreichen. Wir verlassen das Camp bei steigenden Temperaturen und Sonnenschein. Nach einem steileren Anstieg wird der Weg etwas gemächlicher, aber die Höhe sorgt zunehmend für Sauerstoffnot. Während anfangs noch einige Trockengräser zu sehen sind, hört der Bewuchs auf und wir marschieren in einer trostlosen Steinwüste. Überall Felsen, Steinplatten und Geröll, nur noch an wenigen Stellen sind grün-graue Flechten zu sehen.

Aus drei erloschenen Vulkanen besteht das Kili-Massiv: Im Westen konnten wir auf unserem bisherigen Weg bereits den ersten, den Shira (3962 Meter) sehen, ein plateauartiger Berg ohne Gletscher. Der Kibo, der „Helle“, steht in der Mitte, ist der Höchste und Ziel unserer Mühen.

Im Osten taucht dann der dritte Gipfel des Kili-Massivs auf, der 5148 Meter hohe Mawenzi (der „Dunkle“). Er ist die zweithöchste Erhebung des Massivs, das sich am Rand des ostafrikanischen Grabenbruchs befindet. Der Gipfel ist aufgrund des brüchigen Gesteins und der Steinschlaggefahr nur mit entsprechender Ausrüstung und Fähigkeit zu besteigen.

Nach zwei steileren Rampen erreichen wir um 10.30 Uhr das Barafu Camp, deutlich schneller als von Jeffery geplant. Nach dem üblichen Einschreiben ins Hüttenbuch laufen wir nach 45 Minuten Rast weiter. Es geht ins Kosovo Camp, wir erhalten die Genehmigung der Ranger aufgrund der guten Beziehungen unseres Guide. Barafu Hut ist das eigentliche Basislager und die letzte Ruhestelle vor der letzten Etappe auf Afrikas höchsten Punkt. Entsprechend lebhaft geht es hier zu. Es wird gerastet, Zelte auf- und abgebaut und verpflegt. Der Ort ist nicht gerade einladend für ein Camping: Keine einzige ebene Stelle, das Gelände abfallend, zugig und Ruhe wird man hier auch in der Nacht kaum finden.

Auf unserem weiteren Weg geht es sehr steil anfangs auf Felsplatten nach oben. Die Steigung lässt dann ein wenig nach. Eine Stunde brauchen wir für die 300 Höhenmeter, genau um Mittag erreichen wir das Camp, die Zelte haben die Helfer bereits aufgebaut. Trotz der Abgelegenheit und Exponiertheit lässt es beim Lunch an nichts mangeln. Reichlich Kartoffeln, Gemüse und Hühnchenfleisch werden serviert.

Nach einem Mittagsschläfchen gehen wir abermals gute 100 Höhenmeter nach oben, um der Höhenanpassung den letzten Kick zu geben. Bis auf die übliche Schnauferei, es steht hier ja nur ein Luftdruck von rund 50 Prozent zur Verfügung, sind alle guter Dinge. Keiner zeigt Ausfallerscheinungen. Beim Abendessen, es werden Spaghetti mit Gemüse serviert, sollen wir uns den Bauch voll hauen.

Nach dem Abendessen erfolgt das Briefing für den Gipfelsturm. Mit Jeffery wollen fünf Helfer aus seinem Team mitgehen und uns unterstützen. Wir richten im Zelt unsere Ausrüstung her, die wir zum Gipfelsturm mitnehmen wollen. So leicht wie möglich, doch zweckmäßig wie nötig, werden die Rucksäcke gepackt. Insbesondere sollen wir warme Getränke und warme Kleidung mitnehmen, sowie für die Kameras volle Batterien. An viel Schlaf ist nicht zu denken, denn im Verlauf des Abends nimmt der Wind zu, der unablässig an den Zelten rüttelt. Dafür wird es nicht zu kalt. Gegen 23.00 Uhr sollen wir geweckt werden. Dann ist Schluss mit lustig.

10.02.2015: Der Gipfelsturm, die lange, harte Nacht

Die Nacht und der folgende Tag werden uns an die Grenze der Leistungsfähigkeit führen. Knapp 1000 Höhenmeter Aufstieg in Dunkelheit und nur im Licht der Stirnlampen, ein Sonnenaufgang auf dem Gipfel und anschließend der weite Abstieg über 2800 Höhenmeter, das sind die Eckdaten. An den Abstieg verschwendet keiner einen Gedanken, denn das Ziel ist klar, wir sind auf den Uhuru Peak fokussiert, dem Top Of Africa.

Um 23.00 Uhr schälen wir uns aus den Schlafsäcken. Ich kann nicht sagen, ob jemand aus Jefferys Team uns geweckt hat, ich habe allerdings keinen gehört. Der Wind ist immer noch lästig. Wir ziehen bereits mehr Schichten an als an den Tagen zuvor, oben vier bis fünf Schichten und unten lange Unterhose, Berghose und Regenhose. Im Stehen trinkt jeder zwei, drei Tassen Tee. Beim Popcorn wird nur sehr zögerlich zugegriffen.

Kurz vor Mitternacht erscheint Jeffery mit seinen Helfern im Zelt. Wir bilden einen Kreis, ein kurzes Gebet und ein Einschwören auf den Gipfelsturm. Wir schauen uns gegenseitig angespannt in die Gesichter. Wir wird es ausgehen? Reicht unsere Kraft? Haben wir genug Kleidung dabei? Wie kalt wird es noch werden? Viele unklärbare Fragen.

Kurz nach Mitternacht machen wir uns auf den Weg. Sehr langsam gehen wir Schritt für Schritt nach oben, Jeffery voraus bestimmt das Tempo. Die Helfer laufen seitlich und hinten. Sicherlich werden wir von denen beobachtet, denn eine große Verantwortung liegt bei denen. Während die Nachmittagswanderung doch relativ leicht war, ist es jetzt ganz anders im Schein der Stirnlampe. Du läufst nicht so sicher wie bei Tageslicht und torkelst fast ein wenig. Nach 30 Minuten die erste Trinkpause im Stehen. Das Getränk in der Flasche ist bereits kalt.

Um 01.00 Uhr die nächste Pause. In den fünf Minuten wird schnell getrunken. Ich ziehe mir die Goretex-Jacke an, damit habe ich die fünfte Schicht am Oberkörper an. Problem in der Höhe ist hauptsächlich, nicht auszukühlen und warm zu bleiben. Denn der Körper kann keine Wärme aufgrund erhöhter Bewegung erzeugen, da die nötige Luft fehlt.

01.45 Uhr: Nächste Pause, ich hole das zweite Paar Handschuhe aus der Hosentasche. Die Luft hat merklich abgekühlt. Ich glaube, dass die Getränkeflasche am Verschluss langsam zufriert. Der Gletscher oberhalb kommt kaum näher. Zudem meinen wir, oberhalb des Gletschers eine Lampe zu sehen. Vielleicht von einem Sendemasten? Das stellt sich später als Stern heraus.

03.30 Uhr: Es wird zäh. Das Gähnen bei mir verursacht im Körper einen Sauerstoffmangel, der mich minutenlang pumpen lässt. Das kann doch nicht wahr sein. Jeder kleine Absatz wird zur fast unüberwindbaren Hürde. Du bleibst vorher stehen, suchst dir zwei, drei Tritte, holst tief Luft, gehst die Stufen hoch und bleibst abermals stehen und pumpst nach Luft. Teilweise ist das Geröll richtig lose und lässt dich bei jedem Schritt ein Stück zurückrutschen.

Die Stimmung geht nach unten. Und dann beginnen unsere Helfer zu singen, das eingelernte „Jambo Jambo“. Die pfeifen eine lustige Weise und wir aus dem letzten Loch. Man kann es kaum glauben. Einige Helfer übernehmen die Rucksäcke von uns. Langsam kommt der Gletscher näher, es geht voran, doch die Schritte bleiben schwer.

Doch dann taucht zu unserer Überraschung das Schild des Stella Point (5756 Meter) um genau 04.37 Uhr auf. Bei Erreichen dieses Punktes gilt der Kibo als bestiegen. Wir wollen mehr, wir wollen jetzt zum Uhuru Peak. 150 Höhenmeter warten noch. Eigentlich kein großer Höhenunterschied, bei uns kann man den in weniger als einer halben Stunde machen. Aber hier? Ich sehe jemanden vor dem Schild reihern, drehe mich weg, denn auch mir ist leicht übel. Wir schießen ein paar Bilder, dann drängen die Helfer zum Aufbruch.

Gaaanz langsam geht es Meter um Meter voran. Die Stimmung bessert sich, zumal der Kili von uns als bestiegen gilt. 05.15 Uhr nochmals eine Pause, einige setzen sich aus Erschöpfung auf den Boden. Bei mir ist nun den Flaschenverschluss endgültig eingefroren, egal. Im Osten, hinter uns, weit weg, kündigt sich der neue Tag an. Langsam verfärbt sich der Horizont vom Schwarzen ins Dunkelrote. Der Anstieg, eigentlich nicht besonders steil, wird nicht leichter. Einige von uns brauchen jetzt die volle Unterstützung mit einem Guide an der Seite. Bis auf Gerhard und mich haben alle die Rucksäcke an die Guides abgegeben, die sind bepackt wie die Esel und haben eine Pferdelunge.

Die höchste Stelle in Afrika, der Uhuru Peak, ist dann deutlich zu sehen und um 05.55 Uhr haben wir die Schinderei endlich geschafft. Wir stehen auf dem Top Of Africa und haben gleich einen der Seven Summits geschafft. Auf der Tafel am höchsten Punkt lesen wir: „Mount Kilimanjaro. Congratulations. You are now at Uhuru Peak, Tanzania, 5895M/19341Ft AMSL. Africa’s highest point. World’s highest free-standing mountain. One of world’s largest volcanoes. World heritage and wonder of Africa.“

Keiner musste aufgeben oder abbrechen. Wenn im Durchschnitt 30 Prozent der Touristen die Besteigung nicht schaffen, können wir stolz sein. Gegenseitiges Gratulieren und Herzen. Nicht nur ich bekomme wässrige Augen. Ein voller Endorphin-Rausch. Einer stimmt das „Jambo, jambo“ an und alle fallen in den Gesang ein. Minus acht Grad zeigt mein Thermometer am Rucksack an. Wir machen noch ein paar Bilder und schon drängt Jeffery nach 15 Minuten zum Rückzug. Der Aufenthalt sollte nicht zulange aufgrund der Höhe andauern, das konnte man in verschiedenen Berichten lesen.

Leichten Schritten laufen wir in Richtung Stella Point. Fast fliegen wir zurück, während andere im Aufstieg sprichwörtlich am Berg stehen. Die blaue Stunde bricht an, die Zeit zwischen völliger Dunkelheit und Sonnenaufgang, 20 Minuten dauert die Stunde in Äquatornähe. Für Fotografen ein interessanter Zeitpunkt, weil die Umgebung aufgehellt, die Kontraste zwischen Hell und Dunkel abgemildert sind und die Bilder daher ganz anders herüberkommen. Ganz besonders habe ich das bei meiner Laufnacht in Ulm im letzten Jahr erlebt. Ja, der 100-Kilometer-Lauf dort ist mir leichter gefallen, als die letzte Etappe die Nacht hindurch auf den Kilimanjaro.

Der Blick auf den Gletscher am Kraterrand wird immer spektakulärer und gigantischer. Keine zwei Quadratkilometer umfassen heute die das nördliche und südliche Eisfeld sowie der Rebmann- und Furtwängler-Gletscher. Über 80 Prozent der Gletscherfläche gingen in den letzten 100 Jahren verloren. Ursache ist weniger die Erderwärmung, eher ist dem trockener werdenden Klima des letzten Jahrhunderts geschuldet. Die Regenmengen differieren stark. So fällt um Urwaldbereich das Zehnfache an Niederschlag im Vergleich zur Gipfelregion.

Der deutsche Missionar Johannes Rebmann stand im Jahr 1848 vor dem Massiv, war vom Anblick überwältigt und berichtet dies in seine Heimat. Der Deutsche Hans Meyer brauchte drei Anläufe, bis er am 06.10.1889 die höchste Stelle Afrikas mit dem Salzburger Ludwig Purtscheller und dem Einheimischen Yohani Kinyala Lauwo erreichte. Meyer nahm einen schwarzen Lavabrocken von der Mittelspitze des Kibo mit nach Hause. Mit anderen Gesteinsteilen wurde ein Kunstwerk geschaffen, das heute im Muschelsaal des Neuen Palais in Potsdam besichtigt werden kann. Verrückte Leute gab es damals auch schon, so fuhren Walther Furtwängler und Siegfried König nach ihrer Besteigung mit Skiern den Kibo hinunter. Heute ist das gar nicht mehr vorstellbar.

Fast im Minutentakt ändert sich die Farbe des Himmels ins Helle. Immer blauer wird es, die Sonne ist jedoch noch nicht aufgegangen. Wie lange noch? Dann kurz vor dem Stella Point geht um 06.29 Uhr die Sonne auf. Zuerst ein heller Punkt am Horizont, dann schiebt sie sich in Minutenabstand ganz hervor. Bereits vier Minuten später wirft sie am Kraterrand deutlich Schatten. Und nochmals zwei Minuten später stehe ich mir Raimund am Schild des Stella Point. Die Sonne wärmt bereits.

Nach ein paar Minuten drängt unser Guide zum Aufbruch. Im Sturzflug fliegen wir auf einer anderen Route hinunter zum Cosovo Camp. Hier kannst du jetzt Staub fressen und weißt, warum jetzt Gamaschen nützlich sind. Die Gruppe wird auseinandergerissen. In den 80 Minuten bin ich im Camp als einer der letzten. Einer von uns hatte Aussetzer (Höhenrausch?), ich nenne seinen Namen absichtlich nicht, und ein Guide ist mit ihm in gut einer Stunde zurück im Lager.

Wir können eine Stunde in den Zelten rasten, an Schlaf ist trotz der Anstrengung nicht zu denken, wir sind immer noch voll auf Strom. Das Zeitgefühl ist vollkommen verloren, die durchgemachte Nacht ist schuld. Nach dem Frühstück wird der Rest der Ausrüstung verpackt, denn es steht noch ein weiter Weg über fast 2000 Höhenmeter ins Mweka Camp an.

In 30 Minuten haben wir das Steilstück zum Barafu Camp hinter uns gebracht, dann wird es auf der Hauptabstiegsroute zum Mweka Gate weniger steil, aber dafür mit rund 15 Kilometer ewig weit. Anfangs laufen wir noch durch eine Steinwüste. Dann sehen wir einzelne Pflanzen, geschützt vor den Wettereinflüssen an Felsen angeschmiegt, später wachsen kleinere Koniferenarten. Vorne in der Gruppe wird Tempo gemacht, weiter hinten kämpfen Herbert und Raimund mit Knieproblemen. In den Pausen wird wieder aufgeschlossen.

Knapp unter 4000 Meter Seehöhe beginnt die Moor- und Heidezone, der Bewuchs wird üppiger. Teilweise wird der Rückweg ruppiger, über Stock und Stein geht es steil hinunter. Mittlerweile schmerzt die Oberschenkelmuskulatur. Ausschütteln und Dehnen bringt Erholung nur für eine kurze Zeit.

Am späten Nachmittag erreichen wir das Mweka Camp (3100 Meter), das genau am Übergang zum Regenwald liegt. Ein längerer Schauer lässt uns in den Zelten verweilen. Raimund kämpfte mit seinem Fahrgestell und holte sich blaue Fußnägel. Um ein wenig die Belastung von den Knien zu nehmen, stützte er sich übermäßig und vielleicht auch verkrampft auf die Stöcke. Das Ergebnis, Blasen an den Händen.

Die jetzt deutlich höheren Temperaturen lassen uns im Essenszelt länger verweilen. Nach dem vorzüglichen Lunch („African Food“, so Guide Jeffery, mit Kochbananen, Kartoffeln, Gemüse und Hühnchen) gibt jeder seine Eindrücke des heutigen Tages preis. Meine Einschätzung (leichter einen 100er laufen als die letzte Etappe auf den Kili) habe ich gesagt und für mich ist es eine Erfahrung, die ich im Leben nicht mehr vergessen werde. Erstaunlich ist es jedoch, dass keine Frauen einen Aussetzer hatte in der Höhe. Später als üblich ziehen wir uns in die Heja zurück. Trotz 21 Stunden Aktivität, 1000 Meter Aufstieg, 2800 Meter Abstieg und das Ganze in einem Temperaturbereich von minus 8 Grad bis über 15 Grad plus.

11.02.2015: Abschied vom Kilimanjaro

Nochmal müssen wir früh aufstehen, denn schon um 07.30 Uhr will Jeffery abmarschieren. Zuvor erfolgen noch das Frühstück und dann noch eine Tanzeinlage unserer Helfer mit einem unbekannten Lied. Zuerst wird mitgeklatscht bis dann einige von uns auch mitwippen und mittanzen. Bei seiner letzten Ansprache lobt Jeffery uns in höchsten Tönen als A-Team. So eine Erfolgsquote mit 100 Prozent auf dem Uhuru Peak ist ihm noch nicht untergekommen. Stolz klopfen wir uns auf die Schultern.

Der Rückmarsch ist ungewöhnlich pünktlich mit nur zwei Minuten Verspätung. Am Camp sehen wir noch einzelne angereifte Stellen, dann geht es sofort in den Regenwald hinein. Immer dichter und üppiger wird der Bewuchs mit Moosen, Lianen und Farnen. An einer Lichtung nehmen wir Abschied vom Kilimanjaro. Es ist kaum zu glauben, dass wir vor 26 Stunden oben standen.

Es wird immer wärmer, wir ziehen die Jacken aus. Die Mweka Route wird immer breiter, später sehen wir auch Affen auf den Bäumen herumturnen. Frauen sammeln auch hier Holz für den Haushalt, nur ein wenig oberhalb des Ausgangs. Um 10.30 Uhr schließt sich der Kreis, wir erreichen das Mweka Gate (1640 Meter), wo die Busse bereits warten sollten. Die sind aber noch nicht da.

„Congratulations! Bon Vojage!“ ist auf auf einem Schild zu lesen. Abschlussbild. Dann an einem festen Unterstand lassen wir uns das bisher teuerste Bier verkaufen. Drei Dollar für eine Halbe Kilimanjaro Beer. Aber nach einer Woche mit Tee und Wasser schmeckt das isotonische Getränk auf Hopfenbasis besonders lecker und geht gleich in die Birne. In den Waschräumen können wir uns schon ein wenig frisch machen. Maria denkt praktisch: „Heute habe ich mich zum ersten Mal mit 60 im Spiegel gesehen.“

Um 11.45 Uhr verlassen wir schließlich den Nationalpark. Jeffery will noch ein Geschäft ansteuern, denn wir wollen noch ein Finisher-Shirt erwerben. Dietmar kauft ein Bild für seinen Paul, während wir den Laden fast plündern und die letzten Dollar umsetzen. Hier nimmt man acht Dollar fürs Shirt, am Berg wollte man 20 haben. Kurz vor 13.00 Uhr sind wir im Springland Hotel angelangt.

Die erste Dusche nach einer Woche löst den Staub und Dreck und tut richtig gut. Als Andenken für den langen Abstieg hat sich Raimund zwei blaue Zehennägel eingehandelt. Wir richten das Trinkgeld für Jeffery und seine Crew her. Zusätzlich kann man auch noch Ausrüstung den Leuten überlassen, ob verschwitzt oder unbenutzt ist egal. Verteilen wird das später der Guide.

Am Nachmittag werden die Urkunden der örtlichen Reiseleitung (www.zaratours.com) und des Nationalparks feierlich überreicht. Jeder muss einzeln vorgehen und erhält die Auszeichnung nach einer Tanzeinlage mit Jeffery übergeben. Nicht mehr benötigte Kleidung und Ausrüstung werden an unsere Helfer verschenkt. Sepp hat sich einen Spass ausgedacht: Er legt seine stinkenden Socken auf den Haufen, hat aber zuvor in einem einen Fünf-Dollar-Schein versteckt. Fürs Waschen!

Sepp schenkt sein TSV-Shirt Jeffery und besteht, dass dieser es gleich anzieht. Am Abend trinkt der harte Kern weitere Biere und die Importware, die Herbert mitgebracht hat. Ein Williamsschnaps, der uns dann noch ein wenig Trunkenheit vor der Schlafenszeit verursacht. Morgen geht es auf die Safari. Hakuna Matata!

Zuhause werden wir erfahren, dass in den letzten Tagen unseres Urlaubs der 50jährige Russe Valery Rozov mit einem Wingsuit von einem Gipfel der Western Breach Wall, einem Nebengipfel des Uhuru Peak, ins Barranco Camp hinunter geflogen ist. Er musste dafür auch einige Anläufe machen, denn die Suche nach dem richtigen Absprungort und der richtigen Zeit am frühen Morgen (später hindern aufziehende Wolken die Aktion) ging nicht reibungslos. Übernachtet hat er mit seiner Crew im Krater! Zwei Jahre zuvor sprang der Russe von einem Nebengipfel des Mount Everest hinunter.

12.02. bis 17.02.15: Heja Safari in Tansania

Für den restlichen Urlaub haben wir uns für eine Safari entschieden, auf der wir die Serengeti den Ngorongoro-Krater und den Lake Manjara National Park besuchen wollen. Die bestellten zwei Toyota Landcruiser sind afrikanisch pünktlich aufgefahren. Das Gepäck wird verstaut und dann geht es auch schon los. Aber etwas langweilig, denn im Laufe des Tages besuchen wir vier Verkaufsveranstaltungen, bis Gerhard der Kragen platzt und er den Reiseleiter zusammenfaltet.

Der Transit durch die rund 500000 Einwohner zählende Stadt Arusha gestaltet sich zäh. Seit den 1970er Jahren hat sich die Bevölkerung versiebenfacht. Grund ist hierfür die Landflucht, der Tourismus, von hier aus starten noch mehr Safari-Touristen als von Moshi, sowie die Rohstoffverarbeitung von Kaffee, Getreide, Jute, Kokosfaser und anderer Produkte.

Gegen 16.00 Uhr haben wir unser erstes Domizil, das Country Lodge Karatu erreicht. Einige legen sich ins Schlafgemach, andere springen in den Pool. Das Abendessen ist erstklassig. Nur einigen fällt schon vor dem Dinner selbiges aus dem Gesicht. Eine Nahrungsmittelunverträglichkeit macht dann einigen zu schaffen. Die kommen in der Nacht nicht mehr runter vom Häusl.

Am nächsten Tag auf dem Weg durch die Savanne besuchen wir ein Massai-Dorf. Die Begrüßung erfolgt durch eine Tanzdarbietung, bei der einige Mädels mitmachen dürfen. Beim Kriegstanz der Männer darf dann Sepp mithüpfen. Bei einem Rundgang durch das Dorf (etwa zehn bis 15 Hütten, einem großen Platz und einer Schule) lernen wir viel. Um das Dorf ist ein Akazienzaun gezogen, zur Sicherheit vor unerwünschten Gästen und wilden Tieren, denn die Zweige haben Nadeln, lang wie Spritzen.

Interessant ist auch das Leben: Die jüngsten Kinder leben bei der Mutter. Wenn sie älter werden, gehen die Buben zum Vater und helfen als Viehhirten, die Mädchen werden von den Müttern erzogen. Ab 18 Jahre werden die Jungen Krieger, beschützen das Dorf und suchen neue Weidegründe, die Mädels arbeiten zuhause, bauen Häuser und werden jung verheiratet. Die Älteren (ab 30 Jahre) werden für die Jüngeren Pate und kümmern sich um Fragen des Alltags und geben die Massai-Kultur weiter. Die Ältesten (ab ca. 60 Jahre) brauchen nicht mehr arbeiten, stellen den Häuptling und beschließen Strafen bei Vergehen.

Und geschäftig sind sie auch, denn als Josef zwei Kindern je eine Dollarnote überreicht, meldet sich unser Führer durch das Dorf, dass er vier hungrige Kinder hat. Ein richtiger Massai hat viele (bis zu 50) Rinder. Rinderblut gehört bei denen auf den Speisezettel, es wird teilweise mit Milch vermischt. Das Blut wird dadurch gewonnen, dass beim Rind eine Halsvene angeritzt wird, und nach dem Blutablass die Wunde wieder verbunden wird.

Am Nachmittag geht es in die Serengeti, die sich auf einer Fläche von 30000 Quadratkilometer erstreckt und damit so groß wie Schleswig-Holstein ist. Hier sollen 1,3 Millionen Gnus, 200000 Zebras, 1500 Löwen und 1000 Elefanten leben. Wir sind gespannt, wie viele Tiere wir sehen werden. Etwa die Hälfte der Serengeti umfasst der Nationalpark, der seit über 30 Jahren zum UNESCO Weltnaturerbe gehört.

Die Serengeti ist eines von Afrikas komplexesten Ökosystemen, das sich zwischen staubiger Sommertrockenheit bis hin zu üppigem Frühlingsgrün bewegen kann. Gnus, Zebras, Gazellen und Antilopen wandern daher dem Grün hinterher und durchstreifen im Jahreslauf die komplette Serengeti von Nord nach Süd und umgekehrt. Raubtiere wie Löwen, Hyänen und Schakal begleiten die Wanderung und haben so immer ein volles Nahrungsangebot.

Von dem sogenannten „Big Five“, Löwen, Leoparden, Elefanten, Nashörner und Büffeln kommen uns in der kurzen Zeit schon einige vor die Linse auf der Jagd nach dem besten Schnappschuss. Einen Lacher verursacht dann Martina beim Anblick eines Gepardenweibchens und ihrem Jungen beim Sonnen im Gras: „Haben die irgendwo ein Nest?“ Das Ikoma Wildcamp wird dann unsere Unterkunft für zwei Übernachtungen.

Am nächsten Morgen sorgt Sepp für Freude in unserer Jeep-Besatzung. Denn sein frisches Shirt ist mit Zahnpasta vollgesappert. Wir fahren wieder in die Serengeti und besuchen die Flußpferde, die schon einige Zeit vorher zu riechen sind. Nix für empfindliche Nasen. In einem „Hippo-Pool“ wälzen und sch… sie sich durch. Dann sehen wir auch noch eine Gruppe Elefanten, die sich über einen dürren Baum hermachen und die Rinde fressen als wären es Cornflakes.

Daniel missachtet an einem Hippo-Pool ein Warnschild, das vor Krokodilen warnt, und geht in ein Gebüsch. Sepp ruft ihn nach: „Pass auf, dass es nicht schnapp macht!“ Gerhard kontert: „An Daniel ist doch nicht viel dran!“ Worauf Sepp entgegnet: „In der Dürrezeit ist man mit allem zufrieden.“ Ein paar Minuten später will der Löwenmann seine Liebste besteigen. Es dauert nur Sekunden, bis sie sich abdreht und ihn eine mit der Pranke runterhaut. Sepp: „Die hat Kopfweh und Migräne!“ Am Abend in der Unterkunft dürfen wir wieder wählen zwischen Kilimanjaro Premium Lager, Safari Lager und Serengeti Premium Lager, alles gute Hopfentropfen zwischen 4,5 und 5,5 Umdrehungen.

Am nächsten Morgen sehen wir einige unserer Urlauberinnen bei seltsamen Turnübungen. Unser Fahrer Modi bringt auf eine andere Weise ein Kunststück zusammen. Er schrittet wiederholt den Reifen. Anfangs durften wir nicht mal den Wagen verlassen beim Reifenwechsel. Später ist er hocherfreut, dass er Unterstützung bekommt vom THOT-Meister Sepp.

Wir verlegen heute zum Ngorongoro-Krater. Der ist ein Einbruchkrater am Rande der Serengeti. Er entstand, als ein Vulkanberg in sich zusammenbrach und der äußere Rand (heute rund 500 Meter höher als das Innere) stehenblieb. Der Durchmesser des Kraters beträgt rund 20 Kilometer. Heute ist keine Landwirtschaft und keine Bebauung erlaubt. Im Jahr 2010 wurde das Weltnaturerbe zum Weltkulturerbe erhoben.

Durch die durchschnittliche Höhe von 1700 Metern im Inneren und 2300 Meter am Rand ist es deutlich kühler und feuchter als in der Serengeti. Der Krater schaut auch deutlich grüner aus. Rund 25000 Großsäuger bevölkern den Krater. So viele Tiere auf dem engen Raum haben wir alle noch nicht gesehen. Es sind darunter auch einige Spitzmaulnashörner.

Am Rande des Ngorongoro-Kraters wurde Michael Grzimek im Jahr 1959 bestattet. Es kam aufgrund einer Kollision mit einem Geier zum Flugzeugabsturz, wo er ums Leben kam. Er und sein Vater Bernhard bereiteten bei ihren Forschungsarbeiten in der Serengeti dessen Vergrößerung vor. Der Film und das Buch „Serengeti darf nicht sterben“ zogen Millionen von Leuten an.

An einem kleinen See verzehren wir unseren Lunch, werden aber noch von unserem Guide ermahnt, nicht das Auto zum Essen zu verlassen. Sepp ist wieder ungläubig, hält einen abgenagten Gockelhaxen zum Fenster hinaus. Es dauert nur Sekunden, bis ein kreisender Schwarzmilan den Leckerbissen erblickt und ihn in einem Sturzflug aus Sepps Finger entreißt. Sepp fällt die Kinnlade herunter.

Auf einer langen gepflasterte Straße erreichen wir den Kraterrand. Eine gute weitere Stunde fahren wir auf unbefestigter Piste, bis wir das Ngorongoro Wildcamp erreichen. Wir sind nun deutlich höher, es ist kühl geworden.

Am nächsten Morgen sind wir keine zehn Minuten unterwegs, als Moodie wieder einen Reifen zerlegt. Bei den ersten Pannen dauerte es eine halbe Stunde bis zur Weiterfahrt, nun hat er gelernt. In zehn Minuten ist das Malheur beseitigt. Derweil gehe ich auf eine Fotopirsch und sammle ein paar Motive.

Der Lake-Manyara-Nationalpark ist unser Ziel für den letzten Tag der Safari, Heimat der baumkletternden Löwen. Rund 330 Quadratkilometer ist der Park groß, aber er hat in Bezug auf Elefanten und Büffel den größten Populationsdruck. So sollen auf einem Quadratkilometer sechs Elefanten und 18 Büffel beim Durchzug der Tiere zu zählen sein. Neben den Pavianen mit ihren verspielten Jungen sehen wir später noch eigenartige baumkletternde Individuen. Und viele bunte Vögel, die sich bei unserem Lunch um jeden Krümel balgen.

Danach geht es zurück nach Arusha, wo an einem Jeep mittels brachialer Gewalt die Tür geöffnet werden soll, denn sie lässt sich nicht mehr aufmachen. Sepp verdingt sich derweil als Tagelöhner bei einem Einheimischen. Die Rückreise führt uns dann zum Kilimanjaro Airport, den wir fast mit dem letzten Tropfen Sprit bei einem Gewitterregen erreichen. Der Rückflug geht als Nachtflug via Nairobi, Amsterdam nach München. Wir haben viel gesehen, erlebt und geleistet. Wer weiß, ob nicht in absehbarer Zukunft eine ähnliche Reise geplant wird.

Uns ist bewusst, dass so eine Reise den einen oder anderen dazu motivieren wird. Wer sich noch unklar ist oder wen Fragen quälen, darf uns gerne fragen. Persönlich danke ich den Verursacher dieser Reise Maria Rami. Ein merci geht für die verwendeten Bilder an Herbert Margraf (h), Daniel Müller (d), Gerhard Rami (g) und Raimund Lautner (r).

Copyright: Anton Lautner