Marathonlauf im Mai in der Region (Solo-Lauf; Bericht und Bilder von Anton Lautner)

Der umtriebige Jürgen Siebenhüter, Erfinder und Organisator des Wintermarathon in der Region Ingolstadt, zieht Anfang Mai schon wieder einen Plan aus der Hosentasche. Marathon in Mai in der Region heißt es, und der Lauf ist sogar ein wenig länger, 50 Kilometer sollen es werden, so sein Credo. Nachdem nicht nur bei mir, sondern bei allen Läufern, die einem Wettkampf nicht aus dem Weg gehen, der Laufmodus eher nach unten geht, als dass Spannung erhalten bleibt, gibt es nur eine Wahl. Auf geht es!
Frühzeitig melde ich mich an, Jürgen antwortet schnell und beschreibt mir noch einige wichtige Dinge. So kann ich von zuhause starten, muss aber schauen, dass ich die Gesamtkilometer zusammenbekomme. Die vorgesehene Strecke zwischen Neuburg und Ingolstadt kenne ich größtenteils vom Wintermarathon her und die zusätzlichen Schleifen sind mir auch nicht unbekannt. Er schickt mir gleich eine Karte von seiner geplanten Strecke. Außerdem ist ein Mund-Nasen-Schutz mitzunehmen, sollte man sich in einem Geschäft oder Supermarkt versorgen wollen. Nun ja, beweisen muss man auch, dass man die Strecke geschafft hat, das funktioniert mit Belegen aus den Geschäften oder man schickt ihm das Ergebnis der App. Ich werde ihm Beweisbilder schicken, damit war Jürgen immer zufrieden. Er schickt auch noch hinterher, dass jeder einzeln laufen soll oder wenn sich ein Pärchen findet, dann muss halt der vorgeschriebene Mindestabstand eingehalten werden.
Am Samstag fahre ich nach Irgertsheim, dem Startort des Wintermarathons. Dort ist ein paar Minuten vor 08.00 Uhr, der eigentlichen Startzeit, nichts los. Keiner ist da. Nun, ich denke, dass Jürgen von zuhause weglaufen wird. Dann werde ich ihn jagen, so wie am Karsamstag, und vor mir hertreiben. Ich schnalle mir den Laufrucksack um, den ich am Vortag mit Riegel, Gel, zwei Getränkeflaschen und einem Plastikumhang gepackt habe. Logisch, dass ein Geldschein, die Kamera und das aufgeladene Handy in die Bauchtasche kommen.


Mir gelingt kein pünktlicher Start, so muss ich halt ein paar Augenblicke nach dem Glockenschlag der Irgertsheimer Pfarrkirche auf den Weg gehen. Relativ warm ist es, so 18 Grad, aber bedeckt und schon jetzt schwül. Sollte ich erst am Nachmittag meinen Lauf beenden, so könnte mich Petrus mit Blitz, Donner und Kaltfront heimtreiben. Nach ein paar Meter führt die Strecke am Sportheim Irgertsheim vorbei. Dort ist ausgeschildert, wer in den Biergarten einkehren will. Diese sind ja erst einige Tage geöffnet. Am Haupteingang hat der Wirt auf Tafeln seine Speisekarte schon angeschlagen.
Bekannt wie meine Westentasche ist die Strecke, die durch Bergheim zu den Kieswerken führt und die später als Radweg parallel zur Staatsstraße nach Neuburg verläuft.

Knapp 40 Minuten bin ich unterwegs, als ich unweit an der Pfarrkirche Hl. Kreuz zu Joshofen vorbeilaufe. Der intensiv rot blühende Mohn kommt nun mit dem bedeckten Himmel gut heraus. Nach weiteren zehn Minuten laufe ich nach Neuburg hinein.

Auf der Ingolstädter Straße wäre schon der erste Nachschubpunkt, eine Tankstelle oder der E-Center. Ich beschließe jedoch, weiterzulaufen und ein Bild zu Beweiszwecken zu machen. Recht durstig bin ich noch nicht. Vor der Donaubrücke biege ich links ab, der Kurs führt nun auf dem Radweg nach Joshofen wieder ostwärts. An der Großen Grotte sind nunmehr seit geraumer Zeit die Sicherungsarbeiten am Felsen aufgenommen worden, fertig ist die Firma, die aus Österreich kommt, noch nicht. Zügig erreiche ich meinen Heimatort und telefonisch bestelle ich zu Hause einen Cappuccino und ein kaltes Fruchtsaftgetränk. Ja, für ein Bier ist es jetzt um 09.20 Uhr noch zu früh.

Nach zehn Minuten Pause nehme ich wieder das Rennen auf und kann gleich die aufholenden Müllwerker wieder hinter mir lassen. Weiter führt mich der Auslauf an unserem Sportheim vorbei (dort ebenfalls der Hinweis des öffnenden Biergarten) und dann an unseren Weiher. Der Ostteil des Gewässers, der eigentlich bei Sonne von FKK-Freunden belagert wird, ist nun verwaist. Kurz verläuft mein Kurs durch den Auwald, dann mündet der Feldweg in den bekannten Hinweg am Kieswerk beim Schulzweiher ein.

Nach knapp zwei Stunden laufe ich wieder nach Bergheim hinein. Hier könnte ich wieder verpflegen, am Stadel von Jürgen oder am Dorfladen, eine kleine Ortsrunde wäre damit verbunden. Über die Förchenau verlasse ich wieder Bergheim und überquere die Staatsstraße Richtung Donaumoos vorsichtig und aufmerksam. Nun beginnt eine Schleife, die bereits einige Mehrkilometer bringen soll. Über die Staustufe Bergheim laufe ich auf dem parallelem Radweg Richtung Grünauer Kreisel und dort noch gerade weiter bis zum Audi Driving Experience Center.

Das lasse ich links (hier aber rechts) liegen und biege in die prächtige Allee ab, die mich über Rohrenfeld nach Maxweiler führt. Anfangs des 19. Jahrhunderts wurde der Weiler von Kurfürst Maximilian IV Joseph von Bayern gegründet, als sich acht Mennonitenfamilien dort niederließen. Zuerst nannte man die Ansiedelung Maxdorf, später dann Maxweiler. Am Bahnübergang bin ich eine halbe Minute zu spät, andernfalls hätte ich einen Zug der Agilis vor die Linse bekommen.

Drei Kilometer weiter liegt Weichering, so langsam bräuchte ich etwas Flüssiges. Na gut, dann schaue ich bei der Schwiegermutter von Jürgen vorbei, in der Garage soll was parat stehen. Doch dann in der Königstraße steht zwar die Garage offen, aber bereitliegen sehe ich nichts. Zurück laufen zum Geschäft in der Neuburger Straße bedeutet einen knappen Kilometer mehr, einfach. Das lasse ich bleiben. Ich trabe weiter und verpflege mich dann an der Bahnunterführung kurz vor Rosenschwaig. Es ist mittlerweile drückend schwül geworden; die Sonne sticht, wenn sie durch die Wolken kommt. Nach knapp zehn Minuten ist der Riegel verdrückt und die Getränkeflasche leer gezuzzelt. Weiter.

Fast ohne menschlichen Kontakt trabe ich nun parallel zur ehemaligen Bahntrasse Richtung Ingolstadt und verlasse dabei den Landkreis Neuburg-Schrobenhausen. Nur zwei, drei Radfahrer und die gleiche Anzahl Spaziergänger sind unterwegs. Doch von Jürgen, keine Spur, eigentlich müsste ich doch auf ihn auflaufen. Wo ist er nur?
Beim Wasserwerk Buschletten endet der Auwald, es geht hier scharf rechts in die Roßlettenstraße, auf der bleibe ich bis zu deren Ende im Ingolstädter Stadtteil Knoglersfreude beim Stadtteil Hundszell. Die Herren von Hundsdorf gaben dem Ort den Namen, Urkunden aus dem 13. Jahrhundert weisen darauf hin. Damit war der Ort als „Hundscelle“ das älteste Audorf der Großstadt.

In der Metzgerei des gleich folgenden Penny-Supermarktes hole ich mir eine Flasche Spezi und eine Semmel mit Presssack. Mangels Sitzplatzes lasse ich mich zum Verzehr in der danebenliegenden Bushaltestelle nieder. Dort müsste ich eigentlich eine Maske tragen. Aber wie soll ich das Gebot erfüllen und gleichzeitig Essen und Trinken? 35 Kilometer zeigt die App an. So langsam geht es in das Eingemachte, ich merke die schon gelaufenen Kilometer.
In Haunwöhr wechsele ich wieder auf den Donaudamm, der mich in den Luitpoldpark führt. Hier nun die zweite Schleife, die uns nicht über die Staustufe, sondern erst am der Glacisbrücke an das nördliche Donauufer bringt. „Bleibe im Glacis bis auf Höhe des MTV-Stadions“, mailte noch Jürgen, „damit wir auch die 50 Kilometer vollbringen.“ So finde ich mich dann auf der Gerolfinger Straße wieder, die Laufrichtung wechselt nun Richtung Westen und damit zum Ziel.

Am Abzweig zur Antoniusschwaige, so heißt auch die Straße, wechsele ich auf dem Fußweg an der Schutter. Das Gewässer habe ich in den letzten Wochen gleich mehrmals kennengelernt auf meinem Sololauftrips auf dem Urdonautalsteig. Grund für meinen Wechsel an das Gewässer war der nervende Verkehrslärm. Auf dem Spazierweg ist davon nichts zu hören.
Noch auf dem gut belaufbaren Weg überschreite ich die Marathondistanz, 5.08 Stunden bin ich unterwegs, noch knapp acht Kilometer. Die Sonne hat sich in der letzten Stunde rar gemacht, der Wind wurde leicht böig und leicht abgekühlt hat es auch schon. Komme ich noch trockenen Hauptes heim? Eine kurze Pause, nach ein paar Zügen aus der Flasche mache ich mich auf den Weiterweg. Aber mir hat nun jemand den Stecker gezogen. Sehr schwerfällig kann ich mich wieder in trabende Bewegung setzen.

In Gerolfing könnte ich nochmals beim Fanderl einkehren, ich unterlasse das jetzt, damit ich in Bewegung bleiben kann. Damit wird mir nicht kalt. „Wir halten zusammen“, so lese ich auf einem Transparent vor dem Kindergarten beim Fanderl. Auf halber Strecke nach Dünzlau sehe ich schon in westlicher Richtung Wolken, die Niederschlag verlieren. Vielleicht kann der Wind das noch verblasen? Nach wenigen Minuten fängt es an zu tröpfeln, gerade noch auszuhalten. Aber der Wind zwingt mich dann, den Plastikumhang aus dem Rucksack zu holen und anzulegen. Der Wind wird immer ekelhafter, der Regen auch und ich rette mich in die Kapelle „Maria am Anger“ kurz vor Dünzlau. Auf einem Sitzeck lasse ich mich nieder. Es fühlt sich gut an, wenn der Körper windgeschützt ist. Da ich glaube, dass der Wind nachgelassen hat, mache ich mich nach zehn Minuten wieder auf den restlichen Weg.

In Dünzlau ist der Gegenwind fast nicht zu spüren, auch kaum entlang der Lärmschutzwände. Auf der freien Fläche stehe ich dann wie im kalten Gebläse. Shit. Auf der Laufrhythmus ist darnieder. Ich muss immer wieder Gehpausen einlegen. Zumindest kann ich immer wieder kurz anlaufen. Wie das nun Radfahrer aushalten, die mir in T-Shirt und kurzer Hose entgegenkommen? Keine Ahnung. Warmblüter vielleicht.
Besonders zugig ist es am Hohenlohe, dem Bergrücken zwischen Dünzlau und Irgertsheim. Jenseits geht es fast einen Kilometer sanft hinunter, ich kann es laufen lassen. In der Entfernung, vielleicht knapp zwei Kilometer weit, sehe ich schon das Sportgelände von Irgertsheim. Ich muss zwar noch eine Geheinlage machen, aber dann erreiche ich nach 6.36.05 Stunden und bei zwölf Grad mein imaginäres Ziel am Sportheim.

Wenn ich jetzt sage, es hat Spaß gemacht, dann muss ich schwindeln. Na ja, gut gelaufen sind die ersten 30, 35 Kilometer, spätestens nach der Marathonmarke wurde es zäh. Das Rätsel mit Jürgen löst sich am Abend auf, als er mich besucht und da erst bemerkt hat, dass ich eine Woche zu früh dran war und dass auf seiner Internetseite das Datum auch noch falsch eingestellt war. Am Pfingstsamstag hätte ich eh keine Zeit gehabt. Egal, der 50er hat gepasst, er war mit 51,5 Kilometer sogar ein wenig zu weit. Eine warme Dusche, der angefeuerte Kachelofen und ein heißer Kaffee beschleunigt bei mir die Regeneration. Da war ich nicht das letzte Mal zwischen Neuburg und Ingolstadt unterwegs.